Ein Eingriff in den Stromverbrauch durch den Netzbetreiber – das klingt vor allem für Häuslebauer nach einer drastischen Maßnahme. Wir erklären, warum das schlimmer klingt, als es ist, warum die Betroffenen als erste profitieren und warum die Regelung am Ende allen Verbrauchern zugutekommt.
Definition
In § 14a EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) geht es um die „netzorientierte Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen“. Zum 1. April 2024 ist eine Neuregelung des Paragrafen in Kraft getreten. Was das im Einzelnen bedeutet, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) als zuständige Behörde in einer Reihe von Beschlüssen festgelegt.
Ziel ist es, die Elektrifizierung verschiedener Lebensbereiche, insbesondere des Wärmemarktes (Heizungen) und der Mobilität (E-Auto), möglichst effizient zu gestalten. Dazu sollen die dafür nötigen Anlagen – Wärmepumpen und Klimaanlagen sowie Ladestationen und Batteriespeicher – so reguliert werden, dass sie möglichst gleichmäßig viel Strom aus dem Netz beziehen.
Zur effizienten Integration dieser „steuerbaren Verbrauchseinrichtungen“ (StVE) erlaubt das Gesetz Verteilnetzbetreibern, die Leistung solcher Anlagen zeitweise zu drosseln, beziehungsweise zu dimmen, wie es im offiziellen Sprachgebrauch heißt. Das bedeutet: Der Netzbetreiber kann über eine Fernsteuerung den Stromverbrauch von Geräten mit besonders hoher Nennleistung nach festgeschriebenen Regeln begrenzen.
Gleichzeitig verpflichtet das Gesetz die Netzbetreiber dazu, Haushalten und Unternehmen, die steuerbare Verbrauchseinrichtungen betreiben, eine Reduzierung der Netzentgelte zu gewähren.
Was sind steuerbare Verbrauchseinrichtungen im Sinne von §14a EnWG?
Als „steuerbare Verbrauchseinrichtungen“ im Sinne von § 14a EnWG definiert die BNetzA bestimmte elektrische Anlagen mit einer Nenn- beziehungsweise (bei Akkus) Ladeleistung von 4,2 Kilowatt (kW), die fest an einen Niederspannungs-Stromanschluss in einem deutschen Elektrizitätsverteilnetz angeschlossen sind. Darunter fallen die folgenden vier Anlagentypen:
- Wärmepumpen inklusive Zusatz- oder Notheizvorrichtung
- Klimaanlagen
- nicht öffentlich-zugängliche Ladepunkte für Elektromobile (Wallboxen)
- Batteriespeicher
Das bedeutet also: Andere Anlagentypen, wie etwa Poolheizungen mit einer entsprechenden Leistung, Batteriespeicher ohne festen Netzanschluss oder kleinere Wärmepumpen fallen nicht unter die Regelung. Für Nachtspeicherheizungen gelten die bisherigen Regeln von §14a EnWG weiter.
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Was ändert sich mit der Neuregelung von § 14a EnWG?
Mit der Neuregelung erlaubt der Gesetzgeber Netzbetreibern, bestimmte Anlagen mit hohem Stromverbrauch nach festgelegten Kriterien zu drosseln. Im Gegenzug dafür, dass sie die netzdienliche Steuerung ihrer Anlagen ermöglichen, erhalten die Betreiber einen Rabatt auf das Netzentgelt.
Das Netzentgelt im engeren Sinne ist die Gebühr, die Stromkunden für die Nutzung der Stromnetze entrichten müssen. Es besteht für gewöhnlich aus einem monatlichen Sockelbetrag und einem verbrauchsabhängigen Anteil (Cent pro Kilowattstunde). Hinzu kommen die Betriebskosten der Messstelle, also des Stromzählers. Beides wird mit der Stromrechnung bezahlt, auf der die Netzentgelte gesondert ausgewiesen sein müssen.
Wen betrifft die Neuregelung von §14a EnWG?
Verteilnetzbetreiber
Zum einen betreffen die neuen Regeln die 866 Betreiber der Niederspannungsverteilnetze in Deutschland. Sie sind zum Beispiel seit dem 1. Januar 2024 verpflichtet, StVE-Betreibern reduzierte Netzentgelte zu gewähren, wenn ihre Anlagen die geforderten Voraussetzungen erfüllen. Außerdem müssen sie seit Anfang 2025 die dafür erforderlichen Messgeräte einbauen (lassen), wenn die Betreiber dies wünschen.
Betreiber steuerbarer Verbrauchseinrichtungen
Zum anderen sind StVE-Betreiber selbst betroffen. Anlagen, die vor dem 1. Januar 2024 in Betrieb genommen wurden, müssen spätestens Ende 2028 steuerbar sein. Sie sind aber bereits heute berechtigt, an dem Programm teilzunehmen, wenn sie die technischen Voraussetzungen erfüllen.
Dazu gehört eine geeignete Steuereinrichtung, über die der Netzbetreiber die Anlage drosseln kann, sowie ein intelligentes Messsystem (iMSys). Ein iMSys besteht aus einem Smart Meter, das den Stromverbrauch viertelstundengenau misst und aufzeichnet, sowie ein Smart Meter Gateway (SMGW), das die gemessenen Daten an berechtigte Marktteilnehmer weitergibt; das sind insbesondere der Netzbetreiber und der Stromlieferant.
Seit dem Stichtag dürfen Neuanlagen nicht mehr ohne Steuerbox in Betrieb genommen werden. Das berechtigt die Betreiber, eine Reduzierung der Netzentgelte zu erhalten, sobald auch die erforderliche Messtechnik installiert ist.
Wie genau darf der Stromverbrauch gedimmt werden?
Die Sorge mancher StVE-Betreiber, sie könnten zeitweise ohne Strom dastehen, ist unbegründet. Denn die Begrenzung des Strombezugs ist streng reglementiert.
Erstens darf der Netzbetreiber ausschließlich steuerbare Verbrauchseinrichtungen im Sinne von §14a EnWG (s.o.) dimmen. Alle anderen Anwendungen – von der Beleuchtung über etwaige Überwachungssysteme und elektrische Pumpen für die Wasserversorgung bis hin zu den Steckdosen des Haushalts – werden unter keinen Umständen gedrosselt.
Zweitens darf der Netzbetreiber den Strombezug nur so weit dimmen, wie unbedingt nötig ist, um eine Netzüberlastung zu verhindern. Grundsätzlich muss immer eine Mindestleistung von 4,2 kW für jede StVE zur Verfügung stehen. E-Autos können also zu jedem Zeitpunkt geladen werden, Häuser können immer beheizt oder gekühlt werden, nur eben nicht immer mit voller Leistung.
Drittens ist auch die Dauer des Dimmens auf Zeiten beschränkt, in denen eine konkret festgestellte Überlastung droht. Während einer Übergangsfrist bis Ende 2028 dürfen Netzbetreiber darüber hinaus StVE für maximal zwei Stunden pro Tag drosseln, wenn sie aufgrund von Erfahrungswerten eine akute Überlastung befürchten, ohne dass sie sich bereits manifestiert. Diese Übergangsregelung soll den Netzbetreibern Zeit geben, die notwendigen Messvorrichtungen zu installieren, um genügend Daten erfassen können und anhand derer sie Überlastungen ganz gezielt feststellen und abwenden können.

Wie viel Geld lässt sich mit den reduzierten Netzentgelten sparen?
Es gibt verschiedene Modelle (Module) zur Reduzierung der Netzentgelte. Die genaue Höhe der Ersparnis hängt zunächst vom gewählten Modul ab. Je nach Modul können dann auch der jeweilige Netzbetreiber sowie der tatsächliche Stromverbrauch der fraglichen Anlagen eine Rolle spielen.
Welche Module für reduzierte Netzentgelte gibt es?
Es gibt drei verschiedene Module, die in unterschiedlicher Weise die Netzentgelte reduzieren. StVE-Betreiber können die für sie passende Variante auswählen.
Modul 1: pauschale Reduzierung der Netzentgelte
Die Bundesnetzagentur beziffert die pauschale Reduzierung der Netzentgelte nach Modul 1 pro Jahr mit 110 Euro bis 190 Euro. Die bundesweit einheitliche Berechnung folgt der Formel:
80 Euro (Sockelrabatt) + 3.750 kWh x Arbeitspreis im Standardtarif x 0,2 Stabilitätsfaktor
Der genaue Betrag hängt also vom Netzbetreiber ab. Zum Sockelrabatt von pauschal 80 Euro kommt ein Betrag hinzu, der von dem lokalen Netzentgelt abhängt. Dieses wird mit einem angenommenen Jahresverbrauch der StVE von 3.750 Kilowattstunden (kWh) sowie dem Stabilitätsfaktor multipliziert. Der Stabilitätsfaktor spiegelt die (vorläufige) Annahme wider, dass die Verteilnetze durch eine netzdienliche Steuerung um 20 Prozent entlastet werden.
Beispielrechnung
Der durchschnittliche Arbeitspreis aller Verteilnetzbetreiber in der Niederspannung beträgt laut dem Branchenportal Variable Netzentgelte 8,7 Cent/kWh (netto), also 10,35 ct/kWh inklusive Mehrwertsteuer. Bei einem durchschnittlich teuren Netzbetreiber wäre die Rechnung also:
80 Euro + 3.750 kWh x 10,35 ct/kWh x 0,2 = 80 Euro + 77,63 Euro = 157,63 Euro
Modul 2: prozentuale Reduzierung der Netzentgelte
Mit Modul 2 entscheidet sich der Betreiber für einen prozentualen Rabatt von 60 Prozent auf den Arbeitspreis des jeweiligen Netzanbieters. Um dieses Modul zu wählen, müssen die StVE neben dem iMSys über einen separaten Zählpunkt verfügen, da der Rabatt ausschließlich für die Energie gilt, die von der StVE verbraucht werden, nicht für den gesamten Haushalt. Die Formel lautet:
Stromverbrauch der StVE (kWh) x Arbeitspreis des Netzentgelts (ct/kWh) x 60 %
Beispiel
Eine Anwaltskanzlei betreibt eine Wallbox. Da die verschiedenen Partner und ihre Mitarbeiter:innen abwechselnd ihre E-Autos laden, ist der Verbrauch relativ hoch. Das Modul 2 verspricht deshalb laut Kalkulation höhere Ersparnisse als die pauschale Reduzierung des Netzentgelts. Auch weil in diesem Fall die Ergänzung von Modul 1 um Modul 3 (s.u.) wenig verlockend ist. Zwar wird der Ladepunkt teilweise auch in den günstigen Mittagsstunden genutzt, in den Nachtstunden aber fast nie, sondern vor allem vor- und nachmittags.
Pro Jahr fließen rund 15.000 kWh durch die Wallbox. Der Netto-Arbeitspreis des zuständigen Netzbetreibers beträgt die bundesdurchschnittlichen 8,7 ct/kWh. Die Ersparnis berechnet sich also folgendermaßen:
15.000 kWh x 8,7 ct/kWh x 60 % = 783,00 Euro
Inklusive der Mehrwertsteuer von 19 % sparen die Anwälte beim Laden ihrer E-Autos 931,77 Euro.
Modul 3: Modul 1 plus dynamische Netzentgelte
Modul 3 können StVE-Betreiber nur dann wählen, wenn sie bereits an Modul 1 teilnehmen. Bei diesem Modul gibt es drei verschiedene Netzentgelttarife:
- Einen teuren Hochlasttarif (HT), der in Zeiten mit hoher Netzauslastung gilt, also vor allem tagsüber in den Morgen- und Abendstunden. Im Bundesdurchschnitt beträgt er 12,5 ct/kWh (netto).
- Einen günstigen Niedriglasttarif (NT), der zwischen 10 % und 40 % des HT kosten muss und in Zeiten mit tendenziell niedriger Netzauslastung gilt, also vornehmlich nachts sowie in manchen Netzgebieten mittags. Bundesdurchschnitt: 2,6 ct/kWh (netto).
- Einen mittleren Standardtarif (ST), der in allen anderen Zeiten gilt oder dann, wenn man keine dynamischen Netzentgelte wählt. Bundesdurchschnitt: 8,7 ct/kWh (netto).
Voraussetzung für beide Module ist ein iMSys für den gesamten Haushalt. Ein separater Zählpunkt für die StVE ist nicht erforderlich, da die Reduzierung nach diesen Modulen für den gesamten Strombedarf gilt.
Beispiel für Modul 1 + Modul 3
Ein Haushalt betreibt eine Wärmepumpe, die pro Jahr 6.000 kWh verbraucht. Der übrige Verbrauch für Beleuchtung, Alarmanlage und andere Elektrogeräte liegt bei 3.500 kWh. Es gelten die durchschnittlichen Netzentgelttarife. Das jährliche Netzentgelt des Haushalts würde sich also, für die gesamten 9.500 kWh, ohne Reduzierung auf 826,50 Euro (netto) belaufen, inklusive Mehrwertsteuer 983,54 Euro.
Doch die Bewohner:innen haben die Wärmepumpe bereits für Modul 1 registriert. Mit der pauschalen Reduzierung des Netzentgelts zahlen sie nur 681,25 netto, also 856,66 Euro brutto.
Nun überlegen sie, ob sie zusätzlich Modul 3 wählen. Dank des eingebauten Smart Meters wissen sie, dass sie 50 % des Stroms in den Uhrzeiten des Standardtarifs verbrauchen, 40 % im Hochtarif und 10 % zu den Zeiten des Niedertarifs. Sie rechnen:
4.750 kWh (50 %) x 8,7 ct/kWh (ST)
+ 3.800 (40 %) x 12,5 ct/kWh (HT)
+ 950 kWh (10 %) x 2,6 ct/kWh (NT)
——————————————-
912,95 Euro (netto)
1.086,41 Euro (brutto)
Abzüglich der Pauschale aus Modul 1 (157,63 Euro) blieben 928,78 Euro an Netzentgelt. Sie würden also durch Modul 3 weitere 54,76 Euro sparen.
Allerdings könnte ein Home Energy Management System (HEMS) die Hälfte des Stroms, den die Familie bisher im HT verbraucht hat, in den NT verschieben, ohne dass die Familie an Komfort einbüßt. Denn die Lastverschiebung betrifft vor allem Strom für die Wärmepumpe, die nun häufiger in den frühen Morgenstunden aktiviert würde, statt wie bisher vor- und nachmittags. Damit würde sich das Netzentgelt wie folgt berechnen:
4.750 kWh (50 %) x 8,7 ct/kWh (ST)
+ 1.900 (20 %) x 12,5 ct/kWh (HT)
+ 2.850 kWh (30 %) x 2,6 ct/kWh (NT)
———————————————-
724,85 Euro (netto)
862,57 Euro (brutto)
Mehrwertsteuer und Modul-1-Reduzierung eingeschlossen blieben 704,94 Euro. Durch die HEMS-gesteuerte Lastverschiebung würde die Familie also weitere 223,84 Euro pro Jahr an Netzentgelten sparen. Allein damit lässt sich ein Gutteil der Kosten eines HEMS refinanzieren. Hinzu kommen Spareffekte, die ein HEMS durch Verbrauchsoptimierung und in Kombination mit einem dynamischen Stromtarif generieren kann.
Was haben dynamische Stromtarife mit §14a EnWG zu tun?
Ein weiteres Mittel, um Anreize zu netzdienlicherem Stromverbrauch zu schaffen, ist die Dynamisierung der Strompreise. An den Spotmärkten sind die Strompreise sehr volatil. Manchmal sind sie mittags sogar negativ, während eine Megawattstunde am Abend desselben Tags einen dreistelligen Betrag kosten kann. Der Preis hängt stark von der Einspeisung von Wind- und Solarenergieanlagen ab: Je mehr sie produzieren, desto niedriger ist der Strompreis.
Bisher konnten Endverbraucher davon nicht profitieren. Seit Anfang 2025 sind Stromanbieter jedoch laut § 41a EnWG dazu verpflichtet, ihren Kunden diese Möglichkeit zu bieten. Das heißt: Wer sein Auto in sonnenreichen Mittagsstunden lädt, kann an manchen Tagen sogar Geld verdienen, während er ein paar Stunden später für dieselbe Ladung tief in die Tasche greifen muss.
Damit der Stromanbieter den Verbrauch im Viertelstundentakt abrechnen kann, benötigen Haushalte und Unternehmen für einen solchen Tarif natürlich ebenfalls ein iMSys inklusive Smart Meter Gateway. Auch wenn in § 14a EnWG nichts über dynamische Stromtarife steht, liegt es nahe, dass Verbraucher:innen, die von dynamischen Netzentgelten profitieren wollen, auch einen dynamischen Stromtarif wählen.
Deshalb ist es in der Praxis so, dass Dienstleister häufig die benötigte Technik für die Umsetzung der Netzentgeltreduzierung nach Modul 1 und 3 des § 14a EnWG zusammen mit einem dynamischen Stromtarif anbieten. Auf diese Weise können Stromkunden doppelt von der Kombination aus Smart Meter, Gateway und HEMS profitieren – egal, ob sie den Strom für eine Wärmepumpe, eine Klimaanlage, eine Wallbox nutzen oder um einen Batteriespeicher zu laden. Bei den bisherigen Beispielrechnungen in diesem Artikel wurden mögliche Ersparnisse aus einem volldynamischen Stromtarif übrigens nicht berücksichtigt.
Warum war die Neuregelung von § 14a EnWG nötig?
Die Elektrifizierung ist ein wichtiges Ziel der Energiewende. Sie ermöglicht es, Erneuerbare Energien in Anwendungen zu nutzen, die bisher vornehmlich mit fossilen Brennstoffen betrieben werden – insbesondere die Wärmeerzeugung und die Mobilität. Die Neuregelung von § 14a EnWG soll dem Rechnung tragen. Einerseits soll sie weitere Anreize schaffen, Häuser mit Wärmepumpen auszustatten und E-Autos zu fahren. Gleichzeitig soll es helfen, die Stromnetze für den steigenden Elektrizitätsbedarf zu rüsten.
Warum drohen überhaupt Netzüberlastungen?
Zwar ist der Stromverbrauch in den letzten 20 Jahren mehr oder weniger kontinuierlich gesunken, weil viele Anwendungen energieeffizienter geworden sind. Andererseits sind Anwendungen hinzugekommen, die viel Strom verbrauchen. Experten gehen deshalb davon aus, dass in den nächsten Jahren wieder mehr Strom benötigt wird.
Analysten des Beratungsunternehmens Prognos berechneten im Jahr 2021 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, dass der Stromverbrauch bis 2030 auf 658 Terawattstunden (TWh) steigen würde. Nachdem der Stromverbrauch in den Folgejahren weiter sank, kommen neuere Studien zu anderen Ergebnissen. Das Beratungsunternehmen McKinsey schätzte 2024, dass in Deutschland im Jahr 2030 zwischen 530 und 615 TWh Strom verbraucht werden dürften.
Um die Stromnetze darauf auszurichten, werden sie ausgebaut. Allerdings betrifft dies bisher vor allem übergeordnete Netzebenen. Dazu gehören zum einen die Übertragungsnetze, die unter Höchstspannung zum Beispiel Windstrom aus Norddeutschland in die verbrauchsstarken Regionen in Süddeutschland transportieren sollen. Zum andern sind das Hoch- und Mittelspannungsverteilnetze, die Strom von den „Stromautobahnen“ in die Ballungsräume leiten.
Zwar hat die Bundesnetzagentur auch einen Ausbaubedarf bei den Verteilnetzen mit Niederspannung identifiziert. Doch während Hoch- und Mittelspannungsnetze relativ grobmaschig sind und lediglich einige Großverbraucher wie Industriebetriebe oder große Rechenzentren direkt versorgen, sind die Niederspannungsnetze etwa so engmaschig wie unser Straßennetz. Schließlich versorgen sie praktisch alle Wohn- und Gewerbeimmobilien mit Strom.
Verbraucher:innen vor Folgen der Netzüberlastung schützen
Es ist aber nicht die reine Menge an Strom, die einen Netzausbau erforderlich machen. Immerhin haben die deutschen Stromnetze laut Umweltbundesamt im Jahr 2007 schon einmal 624 TWh transportiert.
Es geht auch darum, wo und wann der erhöhte Bedarf anfällt. Während viele Haushaltsgeräte wie Kühlschränke und Wäschetrockner heute deutlich weniger Energie verbrauchen als früher, kommen neue elektronische Anwendungen hinzu wie die Automatisierung der Gebäudetechnik. Die meisten dieser Anwendungen sind allerdings unkritisch, insbesondere weil sie in Kombination mit einer smarten Steuerung sogar Energie sparen oder die Last geschickt verteilen können.
Mehr Aufmerksamkeit verdienen große Verbrauchseinheiten wie Ladestationen für E-Autos und Elektromobilität oder Wärmepumpen. Solche Geräte haben häufig eine Leistungsaufnahme zwischen 10 und 20 kW. Zum Vergleich: Bei einem Elektroherd – in den meisten Haushalten das leistungsstärkste Elektrogerät – müsste man alle vier Platten und den Ofen auf einmal auf volle Leistung schalten, um auf 10 kW zu kommen. Problematisch kann es also etwa werden, wenn viele Verbraucher:innen in einem Netzgebiet nach Feierabend gleichzeitig ihre E-Autos laden oder ihre Heizungen mit Wärmepumpen hochfahren.
In solchen Fällen könnte es tatsächlich vereinzelt zu Engpässen in Verteilnetzen kommen. Im Notfall müssen die Netzbetreiber dann bestimmte Verbraucher abregeln, um einen Stromausfall abzuwenden. § 14a EnGW regelt dies, um willkürliche Drosselungen zu Ungunsten Einzelner zu verhindern.
Dynamische Netzentgelte für kosteneffizienten Netzausbau
Es ist also der Stromverbrauch auf der Niederspannungsebene, der stark wachsen könnte und ein Lastmanagement erforderlich macht. Die Reduzierung der Netzentgelte ist also nicht nur eine Kompensation dafür, dass Betreiber ihre Anlagen temporär nicht in vollem Umfang nutzen können und damit dem Gemeinwohl dienen. Sie bietet Verbraucher:innen gleichzeitig einen monetären Anreiz, sich netzdienlich zu verhalten, damit – im Idealfall – gar keine Dimmung des Strombezugs notwendig wird.
Netzdienliche Eingriffe können Ausbaukosten senken
Dass die Stromnetze ausgebaut werden müssen, scheint klar. Offen ist hingegen, wie schnell und wie stark.
Wie bei fast allen Wirtschaftsgütern gilt auch beim Stromnetz: Sie sind dann kosteneffizient, wenn sie stark ausgelastet sind. Im Dezember 2024 haben Wissenschaftler den Investitionsbedarf auf der Verteilnetzebene bis 2045 auf 323 Milliarden Euro taxiert.
Ein Stromnetz mit einer immensen Übertragungskapazität, die allen Eventualitäten standhält, wäre wahrscheinlich noch teurer und schlecht ausgelastet. Insofern ist es eine ökonomische Entscheidung, ein Stromnetz mit einer Kapazität zu wählen, die in den allermeisten Fällen vollkommen ausreicht und nur ab und zu moderate Eingriffe erfordert.

Wie dynamische Stromkosten Eingriffe unnötig machen könnten
Genau das ist der zweite Effekt, auf den § 14a EnWG abzielt. Er gibt Verbraucher:innen durch die Dynamisierung der Stromkosten – also der Netzentgelte und des Strompreises – monetären Anreiz, flexible Verbräuche in Zeiten geringer Netzauslastung zu verlegen. Dieses sogenannte Peak-Shaving („Spitzen-Rasieren“) erlaubt es StVE-Betreibern, von dynamischen Netzentgelten und (teilweise) von günstigen Börsenstrompreisen zu profitieren. Das Gesetz ist also so designt, dass sich das kostenbewussteste – betriebswirtschaftlich rationale Verhalten – von Verbraucher:innen volkswirtschaftlich sinnvoll auswirkt.
Fazit: Doppelwirkung für eine effiziente Energiewende
Man kann unterschiedlicher Ansicht darüber sein, welches Maß an Netzertüchtigung angemessen ist, um rund um die Uhr nach Belieben Wohnungen heizen und E-Autos laden zu können. Klar ist, dass § 14a EnWG zwei Ziele miteinander verknüpft:
- Er schafft Rechtssicherheit für Verbraucher:innen und Stromnetzbetreiber darüber, welche Maßnahmen erlaubt sind, um Niederspannungsverteilnetze im Bedarfsfall zu stabilisieren.
- Er bietet Betreibern relevanter Verbrauchsanlagen einen monetären Anreiz, ihre Stromverbrauchsmuster so zu gestalten, dass es gar nicht erst so weit kommt, dass der Verbrauch gedrosselt werden muss.