Definition
Ein Home Energy Management System (HEMS) ist eine „intelligente“ Steuerungseinheit, die mittels einer speziellen Software elektrische Anlagen und Geräte in einem Haushalt vernetzt und – teilweise auch im Abgleich mit Strommarktdaten – steuert. Auf diese Weise helfen sie Nutzer:innen, von dynamischen Stromtarifen und Netzentgelten sowie einem erhöhten Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms zu profitieren sowie den Anteil erneuerbarer Energie im persönlichen Strommix zu erhöhen.
EMS (Energiemanagementsystem) ist eine etwas allgemeinere Bezeichnung, die vergleichbare Systeme für den gewerblichen Einsatz oder auch für einzelne Komponenten wie Solaranlagen oder Batteriespeicher einschließt.
Für wen lohnt sich ein HEMS?
Ein HEMS kann sich für verschiedene Nutzergruppen lohnen. Einige Voraussetzungen sollten aber gegeben sein, damit sich die Kosten für Installation und Betrieb des Systems amortisieren.
Betreiber von Solaranlagen
Häufig werden (H)EMS als Kommunikationsschnittstelle zwischen PV-Anlage und Wärmepumpe oder Wallbox beschrieben. Tatsächlich sind sie ein unverzichtbares Tool für Teileinspeiser, also Solaranlagen-Betreiber, die ihren PV-Strom so weit möglich selbst nutzen und nur den Überschuss ins Netz speisen.
Für Volleinspeiser hingegen ist ein HEMS uninteressant. Denn sie haben sich ohnehin entschieden, den gesamten Solarstrom ins Netz einzuspeisen und ihren Eigenbedarf vollständig aus dem Netz zu beziehen. Eine Koordination von Erzeugung und Verbrauch ist dann nicht erforderlich.
Eine Faustregel besagt, dass es sich lohnt, Teileinspeiser zu werden, wenn man mindestens 25 Prozent des erzeugten Stroms selbst nutzen kann. Ohne Stromspeicher geling dies normalerweise nur, wenn man gleichzeitig eine steuerbare Verbrauchseinrichtung wie etwa eine Wallbox oder einen Batteriespeicher betreibt.
Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen
HEMS können sich – auch unabhängig von einer PV-Anlage – lohnen, wenn man mindestens eine steuerbare Verbrauchseinrichtung im Sinne von § 14a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) betreibt. Dies sind: Wärmepumpen, Klimaanlagen, Wallboxen und Batteriespeicher mit einer Leistungsaufnahme ab 4,2 Kilowatt (kW).
Wer solche Anlagen betreibt und bereit ist, ihren Stromverbrauch durch das HEMS etwas flexibler gestalten zu lassen, kann auf diese Weise pro Jahr mehrere Hundert Euro an Stromkosten sparen. Voraussetzung dafür ist, dass der Stromanschluss mit einem Smart Meter versehen ist und der Haushalt dynamische Netzentgelte und einen dynamischen Stromtarif nutzt. Dann kann das HEMS die angeschlossenen Geräte möglichst kosteneffizient steuern.
Teilweise lassen sich auch andere Stromfresser wie Waschmaschine oder Geschirrspüler intelligent steuern. Die Verbrauchsoptimierung solcher Elektrogeräte allein dürften aber in den seltensten Fällen genügen, um die Kosten eines HEMS wieder einzuspielen.
Das Entscheidende ist daher, dass mindestens eine „große“ steuerbare Verbrauchseinrichtung vorhanden ist, damit sich der Betrieb eines HEMS lohnt.
Wie funktioniert ein HEMS?
Ein HEMS ist Datenschnittstelle, Recheneinheit, Kommunikationsplattform und Steuerungseinheit in einem. Hier fließen Einspeise- und Verbrauchsdaten aus allen angeschlossenen Anlagen zusammen, einschließlich dem Stromzähler des Netzanschlusses. Hinzu kommen häufig via Internet externe Wetter- und Strompreisprognosen.
Leistungsfähige HEMS verfügen über eine Hardware mit Multi-Core-Architektur. Das heißt, der Prozessor im Steuermodul kann dank mehrerer Rechenkerne verschiedene Anwendungen gleichzeitig verarbeiten. Die Hauptlast der Rechenleistung zur Optimierung der Stromflüsse findet allerdings in der Cloud statt. Die Bedienung erfolgt auch deshalb in der Regel über ein Browser-Interface oder eine App. Dort lassen sich Daten einsehen und Präferenzen festlegen.
Ein HEMS erhebt also zum einen Verbrauchsdaten des Haushalts, um die Anforderungen der Bewohner zu erfassen. Zum Beispiel: Wann die Wärmepumpe Raumwärme und Warmwasser zur Verfügung stellen soll.
Zweitens kann es diese Bedarfe mit der voraussichtlichen Einspeisung einer vorhandenen PV-Anlage harmonisieren, um einen größtmöglichen Anteil des damit erzeugten Stroms direkt zu nutzen. Dazu greift das HEMS via Internet auf Wetterprognosen zurück.
Drittens kann ein HEMS diese Daten mit den Spotmarktpreise der Strombörse und den Tarifzeiten des Verteilnetzbetreibers (dynamische Netzentgelte) abgleichen, um einen möglichst großen Teil des übrigen Strombedarfs mit preiswertem Netzstrom abzudecken. Dies ist allerdings nur möglich, wenn der Stromanschluss zusätzlich mit einem Smart Meter ausgestattet ist und der Haushalt einen dynamischen Stromtarif abgeschlossen und dynamische Netzentgelte nach Modul 3 von §14a EnWG beantragt hat.
Da Strom und Netzentgelte tendenziell dann günstig sind, wenn viel Erneuerbare Energie zur Verfügung steht, erhöht ein HEMS den Anteil erneuerbaren Stroms im persönlichen Energiemix.
Aus welchen Komponenten besteht ein HEMS?
Ein Energiemanagementsystem ist vor allem eine Software. Es gibt Cloud-basierte HEMS, die die Anlagen vor Ort direkt über das Internet steuern. Als sicherer gelten allerdings HEMS, bei denen die Cloud-Software über das Internet mit einer Hardware vor Ort kommunizieren, welche die Anlagen steuern. Als drittes Element gibt es ein Bedieninterface, das in der Regel in Form einer App angeboten wird.
Die Hardware, ein Steuermodul kaum größer als ein Paket Butter/von der Größe eines WLAN-Repeaters, ist die einzige Komponente, die vor Ort Platz benötigt. Da dafür Arbeiten am Zählerschrank erforderlich sind, wird die Installation in der Regel durch einen Fachbetrieb durchgeführt.
Wie wird ein Home Energy Management System installiert?
Der Installationsprozess lässt sich in fünf Schritte unterteilen:
- Vorbereitung und Inspektion: Der Installateur überprüft die vorhandene Infrastruktur und stellt die Kompatibilität aller Komponenten sicher.
- Anschluss des HEMS: Meist wird die Hardware in der Nähe des Zählerschranks montiert und je nach Begebenheiten per LAN- oder WLAN-Verbindung mit dem lokalen Datennetzwerk verbunden.
- Konfiguration: Als nächstes wird das HEMS über eine Bedienoberflächeeingerichtet. Dabei werden Daten wie der aktuelle Stromtarif, die Größe der PV-Anlage oder der Typ des vorhandenen Elektroautos in der Anwendung eingegeben. Auf Basis dieser Daten kann die Software die optimale Nutzung kalkulieren.
- Integration des iMSys: Bei den meisten Anbietern werden die Daten des Smart Meters verschlüsselt über das lokale LAN- oder WLAN-Netzwerk in die Cloud übertragen und dort zusammen mit den HEMS-Daten verarbeitet.
- Funktionalitätsprüfung: Nach Abschluss der Einrichtung wird überprüft, ob das HEMS einwandfrei funktioniert.
Ist ein Smart Meter Voraussetzung für ein HEMS?
Ein Smart Meter ist keine technische Voraussetzung für den Betrieb eines HEMS. Auch ohne ein intelligentes Messsystem (iMSys), wie es im deutschen Gesetz heißt, kann ein HEMS die Verbräuche eines Haushalts auf die Einspeisung der eigenen Solaranlage abstimmen sowie Lade- und Entladevorgänge eines angeschlossenen Batteriespeichers optimieren.
Ein Smart Meter ist aber die Voraussetzung dafür, von schwankenden Strompreisen am Spotmarkt und dynamischen Netzentgelten zu profitieren. In Kombination mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wallbox und Wärmepumpe kann sich ein HEMS deshalb auch lohnen, ohne dass eine PV-Anlage vorhanden ist.
Wie können Nutzer:innen ein HEMS steuern?
Die Steuerung eines HEMS kann über mehrere Wege erfolgen. So kann der Zugriff für gewöhnlich per Computer über einen Internet-Browser oder per Handy über eine App stattfinden. Von dort loggt man sich in das System ein, um die gewünschten Grundeinstellungen in der Cloud vorzunehmen oder anzupassen, denn dort finden die eigentlichen Optimierungsprozesse statt.
Für häufigere Eingaben wie den gewünschten Füllstand des E-Autos gibt es in der Regel eine Smart-Phone-App, die viele HEMS-Anbieter kostenlos zur Verfügung stellen. So können Anlagenbesitzer:innen die angeschlossenen Anlagen über das Internet überwachen und fernsteuern. Oft bieten die Apps eine leicht verständliche Visualisierung der Daten und eine intuitive Bedienung der einzelnen Geräte.
Wie werden die Daten geschützt?
Um die Sicherheit der sensiblen Kundendaten während des Austauschs über das Internet jederzeit zu gewährleisten, kommen kryptografische Verfahren wie AES-256-Verschlüsselung und Transport Layer Security (TLS) zum Einsatz. Diese Mechanismen prüfen – wie beim Zugriff auf die meisten Websites – die Identität der Kommunikationspartner und sorgen dafür, dass niemand die ausgetauschten Daten mitlesen oder verändern kann.
Was kann ein HEMS leisten?
Die Aufgabe eines HEMS ist es, den Betrieb aller angeschlossenen Geräte nach verschiedenen Kriterien zu koordinieren. Letztlich ist alles eine Frage des richtigen Timings. Was genau das beinhaltet, hängt vom jeweiligen Anlagetyp ab.
PV-Anlage: einspeisen oder nutzen?
PV-Anlagen sind umso profitabler, je mehr Strom der Betreiber selbst nutzen kann. Deshalb wird das HEMS einerseits ausschließlich Überschüsse ins öffentliche Stromnetz leiten. Zum anderen wird es flexible Stromverbräuche möglichst in die Stunden legen, in denen die Solaranlage diesen Bedarf decken kann.
Stromspeicher: laden oder entladen?
Heimische Batteriespeichers werden in aller Regel als Ergänzung zu Solaranlagen installiert. Ihre Aufgabe ist es, PV-Strom einzuspeichern, der momentan nicht benötigt wird, und ihn bereitzustellen, wenn die PV-Anlage zu wenig produziert. Für diese Aufgabe werden Solaranlagen und Batteriespeicher häufig mit abgespeckten Energy Management Systemen mitgeliefert.
Ein ausgewachsenes HEMS kann aber mehr: Es lädt den Stromspeicher auch mit preiswertem Netzstrom auf, wenn absehbar ist, dass die PV-Anlage bis zur nächsten Hochpreisphase an den Strombörsen zu wenig Strom liefern wird, um den Bedarf zu decken. So lässt sich der durchschnittliche gezahlte Preis für Netzstrom zusätzlich senken.
Eine weitere Funktion eines guten HEMS ist es, Batteriespeicher möglichst schonend zu betreiben. So werden Akkus nach Möglichkeit langsam be- und entladen und nie vollständig gefüllt oder entleert, da dies die Lebensdauer beziehungsweise die Ladekapazität beeinträchtigen kann.
All dies geschieht im Abgleich mit dem Strombedarf, den der Haushalt voraussichtlich bis zur nächsten prognostizierten Ladephase haben wird.
Wallbox: wann mit wie viel Power das E-Auto laden?
Für das Laden von E-Auto-Batterien gilt Ähnliches wie für Batteriespeicher. Die ausschlaggebenden Parameter für das HEMS sind die Verfügbarkeit günstigen Stroms, die Lebensdauer des Autoakkus und der Bedarf der Fahrer:innen. So wird das Laden des Autos teilweise in den Mittagsstunden, aber vor allem über Nacht erfolgen. Denn dann sind nicht nur die Strompreise und die dynamischen Netzentgelte günstig, es ist auch genug Zeit, um batterieschonend aufzutanken.
In Zukunft könnten HEMS sogar das bidirektionale Laden unterstützen. Das bedeutet: Der im Akku des E-Autos gespeicherte Strom kann auch genutzt werden, um abends den Haushalt zu versorgen. In der Regel geht es aber darum, dass das HEMS den Ladevorgang so managt, dass der Akku zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bestimmten Füllstand erreicht – und zwar so, dass möglichst preiswerter Strom genutzt wird, ohne die Batterie durch übermäßige Ladeleistung zu belasten.
Wärmepumpe/Klimaanlage: jetzt oder später?
Ein isolierter Heißwassertank hält über Stunden die Temperatur. Einmal erzeugt kann eine Vorlauftemperatur von beispielsweise 70 Grad Celsius mit minimalem Energieaufwand aufrechterhalten werden.
Dies gibt dem HEMS genau den Spielraum, den es benötigt, um die Wärmepumpe dann auf vollen Touren laufen zu lassen, wenn der Strom am günstigsten ist – egal, ob dieser aus eigener Produktion oder aus dem Netz stammt.
Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Wärmepumpen sind besonders energieeffizient, wenn sie längere Zeit am Stück laufen. Dank der abgerufenen Prognosedaten kann das HEMS den Leistungsabruf so planen, dass nicht nur möglichst preiswerter Strom genutzt wird, sondern auch möglichst wenig, ohne den individuellen Wärmebedarf eines Haushalts zu vernachlässigen.
Das Gleiche gilt analog für Klimaanlagen. Auch hier hilft es, wenn dem System ein thermischer Speicher zur Verfügung steht. Allerdings ist das bei Klimaanlagen deshalb weniger relevant, weil ihr Einsatz – zumindest in unserer Breiten – ohnehin genau dann gefragt ist, wenn der Strom tendenziell günstig ist: bei hoher Sonneneinstrahlung.
Was leistet ein HEMS nicht?
(Home) Energy Management Systeme können eine ganze Menge leisten und die theoretischen Grenzen sind sehr weit gefasst. In der Praxis unterscheidet man jedoch HEMS von Smart Home Assistants (SHA).
- Beide Systeme steuern Elektrogeräte und ihre Funktionen überschneiden sich teilweise. Unterscheidendes Merkmal ist der Schwerpunkt ihres Aufgabenbereichs:
- Ein HEMS soll vor allem die Stromflüsse auf Energie- und Kosteneffizienz trimmen.
Bei einem Smart Home Assistant geht es eher um Komfort und Sicherheit.
So lässt sich der Start der Kaffeemaschine mit einem SHA an die Uhrzeit des Weckers koppeln oder die Heizung in Abhängigkeit von der voraussichtlichen Ankunftszeit laut Routenplaner verknüpfen. Über die Steuerung von Beleuchtung, Rollläden oder Unterhaltungselektronik lässt sich die Anwesenheit der Bewohner:innen simulieren. Bei vielen SHAs lassen sich einzelne Geräte wie Lampen, Radios und Küchengeräte auch per Sprachsteuerung bedienen. Der Zugriff auf Börsenstrompreise oder Energiewetterprognosen sowie die energetische Optimierung der Anwendungen gehört hingegen nicht zu den Standardfunktionen eines Smart Home Assistants.
Umgekehrt können auch HEMS die Präferenzen der Nutzer:innen berücksichtigen. Das Erreichen und Halten einer bestimmten Raumtemperatur oder der Füllstand des Autoakkus zu vorgegebenen Zeiten sind Standardfunktionen eines guten HEMS. Die Steuerung von Küchenmaschinen oder Lampen dagegen nicht.
Gut aufeinander abgestimmt stehen HEMS und SMA nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich zu einer Rundum-Automatisierung der elektrischen Geräte und Anlagen eines Haushalts. Allerdings ist dabei Vorsicht geboten, denn die Betonung liegt hier auf „gut abgestimmt“. Ist dies nicht der Fall, können sich die Systeme auch gegenseitig stören.
Fazit: Ein HEMS ist die einfachste Art Stromkosten zu sparen
Ein HEMS ist die einfachste Möglichkeit, den eigenen Stromverbrauch so zu flexibilisieren, dass man möglichst häufig preiswerten, erneuerbaren Strom nutzt. Es kalkuliert neben den Einspeiseprognosen einer eigenen PV-Anlage, der Verfügbarkeit von Stromspeichern und Börsenstrompreisen auch die Verbrauchsmuster der Nutzer:innen und ihre persönlichen Präferenzen ein.
Trotz der Komplexität der Aufgaben können HEMS flexibel und unabhängig vom Zählerschrank installiert werden. Zur Stromkostenoptimierung sind allerdings ein intelligentes Messystem, alias Smart Meter, ein dynamischer Stromtarif sowie dynamische Netzentgelte erforderlich.
Damit die Einsparungen die Kosten eines HEMS übertreffen, ist in der Regel mindestens eine steuerbare Verbrauchseinrichtung (Heimspeicher, Wärmepumpen, Wallboxen, Klimaanlagen) nötig. Je mehr solcher Stromverbraucher, aber auch eigene Erzeugungs- und Speicherkapazität an das System angeschlossen sind, umso größere Kostensenkungen sind möglich. Ersparnisse von mehreren Hundert Euro pro Jahr sind realistisch.
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